Unser Domizil Locquirec liegt an der Nordküste der Bretagne, wie schon häufiger erwähnt an den westlichen Ausläufern der Côte de Granit Rose. Natürlich haben wir von Anfang an darüber nachgedacht, ob und wann wir den Mont Saint Michel besuchen, das sind von uns immerhin rund 2,5 Stunden Autofahrt.
Heute bot sich die Gelegenheit in doppelter Hinsicht. Die Rückreise von einem unserer Jungs zusammen mit seiner Freundin startete per Flixbus in Rennes, ca. eine Stunde südlich vom Mont Saint Michel. Und zweitens war Bilderbuchwetter.
So hieß die Devise heute: früh losfahren, um 11:00 Uhr beim Mont Saint Michel sein, um 15:00 Uhr wieder los, um dann um 17:00 Uhr den Flixbus in Rennes zu erreichen – die beiden fahren nachhause und wir wieder satte zwei Stunden zurück nach Locquirec. Soweit der doch ambitionierte Plan…
Der Mont Saint Michel ist seit 1979 UNESCO Weltkulturerbe und nach dem Eiffelturm das zweitberühmteste Touristenziel Frankreichs mit fast 3 Mio Besuchern jährlich, rund 7.000 pro Tag. Allerdings gilt festzuhalten, dass der Mont Saint Michel nicht in der Bretagne liegt – sondern in der Normandie!
Als Grenze zwischen beiden Regionen gilt der Fluss Couesnon, der im Laufe der Jahrhunderte seinen Lauf mehrfach veränderte und gen Westen verlagerte. Daher liegt das urbretonische Wahrzeichen heutzutage in der Normandie.
Das fotografische Problem beim Mont Saint Michel ist, dass von diesem Motiv so gut wie jedes Bild schon einmal gemacht wurde. Man reiht sich also unweigerlich in die endlose Zahl knipsender Touristen aus aller Herren Länder ein. Aber was für ein Postkartenmotiv! Wow!
Man nähert sich vom Parkplatz aus entweder per Bus, Pferdekutsche oder zu Fuß, wie wir, innerhalb von 30 min Schritt für Schritt diesem imposanten Gesamtkunstwerk. Es ist ja nicht nur eine Klosterkirche, sondern eine kleine Stadt, die ca. 30 Einwohner (!) und einen eigenen Bürgermeister hat.
Der lange Steg wurde zwischen 2006 – 2014 gebaut und ersetzte die bis dahin vorhandene Straße. Die Straße förderte die Versandung des Umlandes des Inselberges. Mit dem Steg wird nun mit erreicht, dass Ebbe und Flut wieder genug Sediment ins Meer abführen und somit der Verlandung der Insel entgegensteuern.
Unser Reiseführer bringt es allerdings prägnant auf den Punkt bei der Betrachtung des Klosterberges: „...Dessen besonderer Reiz liegt mehr im Blick darauf, als im Spaziergang darüber.“ (Manfred Görgens, „Reisetaschenbuch Bretagne“, Dumont). Er hat so recht!
Der Trubel, die Enge und die Geschäfte in den Gassen erinnern sehr an Carcassone oder Venedig. Überall gibt es Souvenirs, Pizza, Crêpes usw. und viel zu viele Menschen. Wir sind uns wohl bewusst, dass wir ebenso zu diesem Phänomen beitragen. Auch wir haben die Kameras ständig griffbereit und fotografieren uns durch den Klosterberg.
Hat man die ersten schmalen Gassen hinter sich bzw. die ersten Treppen überwunden – und es gibt eine Menge Treppen hier! – kommt man der Klosterkirche immer näher.
Der Legende nach soll dem Bischof Aubert von Avranches im Jahr 708 n. Chr. der Erzengel Michael erschienen sein und ihm den Auftrag gegeben haben auf dem 78m hohen Felskegel der Insel Mont-Tombe eine Kirche zu errichten. Das tat besagter Bischof auch – der goldene Erzengel auf der Spitze des Klosterturms kündet bis heute davon.
Im Jahr 966 wurde das erste Benediktiner-Kloster gegründet, was auch die Entwicklung des kleinen Dorfes darunter begünstigte. Vom 11. bis zum 17. Jahrhundert wurde an der Abteikirche gebaut, so ist es nicht verwunderlich, dass sich verschiedene Baustile, vorallem Romanik und Gotik, hier wiederfinden.
Nach der französischen Revolution 1811 wurde aus der Wallfahrtsstätte ein Gefängnis – daher sind auch militärische Befestigungen und Wehranlagen zu besichtigen. Dieses Kapitel wurde im Jahre 1874 von Napoleon III. beendet, der den Mont Saint Michel restaurieren und unter Denkmalschutz stellen ließ. Seit 1969 leben wieder Mönche in der Klosteranlage – man fragt sich allerdings: wo? Denn von klösterlichem Leben sieht man wenig bei all dem Trubel.
Man kann schon Ecken finden, wie den Kreuzgang hier, die kurzzeitig nicht belagert und voll sind. Aber es bleibt die Ausnahme.
Sieht man einmal von den Besonderheiten innerhalb des Mont Saint Michel ab und wendet den Blick nach draußen, wird deutlich, welch unendliche Weite diese Wattlandschaft eröffnet. Sie lädt ein zu Wattwanderungen, die allerdings nicht ganz ungefährlich sind. Denn der Tiedenhub hier beträgt über 8m – das heißt die Flut kommt mit Macht, wenn sie kommt. Und zudem läuft man Gefahr, im Treibsand zu versinken.
Aber der Blick in die Weite ist einfach unglaublich…
Was ein Bauwerk….wunderschön.